DOMKE: Mit Sicherheitsbelangen der Bundeswehr und NATO mindestens naiv, wenn nicht gar bedenklich umgegangen

Nach Medieninformationen prüft der Generalbundesanwalt einen Spionage-Verdacht: Haben Mitarbeiter des Bergamtes Stralsund Staatsgeheimnisse der Bundeswehr im Zusammenhang mit der Nord-Stream-2-Pipeline preisgegeben? Hierzu erklärt der sicherheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, René Domke, MdL

"Schon aus den vorgelegten Akten für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss war erkennbar, dass es deutliche Spannungen zwischen der Bundeswehr und dem Bergamt Stralsund gab. Genauer betraf dies das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr im Kompetenzzentrum Kiel. Der aus diesem Grund bereits im Dezember vergangenen Jahres gehörte Zeuge im Untersuchungsausschuss berichtete dazu Erstaunliches und bestätigt die nunmehr eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen gegen Mitglieder des Bergamtes. Die Einordnung des Zeugen war von großem Interesse, da er im Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren die Bundeswehrbehörde und die verteidigungspolitischen Interessen vertrat."

"Bereits bei der Anhörung standen Aussagen von Ungereimtheiten im Raum, die der Leiter des Bergamtes selbst einräumte. Das Referat der Bundeswehr-Dienststelle wurde aufgefordert, Daten aus Verschlusssachen beizusteuern, die später im Beschluss und damit auf der öffentlichen Webseite auftauchten. Außerdem sollten sogar U-Boot-Tauchgebiete der Inlands- und Bündnisverteidigung der NATO und teils anderer Staaten bekanntgeben werden. Wohlgemerkt: an einen Vorhabenträger mit Sitz in der Schweiz und im Eigentum des russischen Staatskonzerns Gazprom stehend. Es dürfte bereits damals jedem bewusst gewesen sein, dass im Kreml ein hohes Interesse an solchen NATO-Daten besteht."

"Umgekehrt wurde der Bundeswehr verwehrt, Auskünfte und Dokumentationen zur Beschaffenheit der Röhren zu erhalten. Die Bundeswehr brauchte diese Daten, weil durch den Trassenverlauf Übungsschießgebiete der Bundeswehr betroffen wurden. Die Interessen der Bundeswehr waren beim Bau der Pipeline abzuwägen, doch ein eigenes Gutachten konnte so nicht erstellt werden. Die Risikostudie, die seinerzeit die Sicherheit der Pipeline untersuchen sollte, konnte durch die Bundeswehr nicht überprüft werden und war von dieser als höchst zweifelhaft eingestuft worden. Seitens der Bundeswehr wurde deutlich formuliert, dass Zweifel an der Neutralität des Bergamtes Stralsund bestanden. Die Genehmigungsbehörde sah sich selbst als Vermittler, wurde aber bundeswehrintern scheinbar als Handlanger gesehen."

"Mein Eindruck ist, dass man mit den Sicherheitsbelangen der Bundeswehr und der NATO mindestens naiv, wenn nicht gar bedenklich, umgegangen ist. Das Thema der äußeren Sicherheit ist für mich immer drängender. Wie naiv oder fahrlässig war man eigentlich in Schwesigs Landesregierung in dieser missglückten Nebenaußenpolitik? Ich kann bereits jetzt ankündigen, dass wir diese Vorgänge durch weitere Zeugen und Beweismittelanforderungen weiter aufklären werden."